Zur Kritik von Marcus Funck in der ZEIT

Widersprüche und Ungereimtheiten
Zur Kritik von M. Funck an meinen Büchern (ZEIT Nr. 34 – 2016)

Von Wolfgang Gedeon

1. Zunächst geht Funck, wie auch ich, von den drei Begriffen Antisemitismus, Antijudaismus und Antizionismus aus. Im Gegensatz zu mir subsumiert er sie unter dem Thema „Spielarten der Judenfeindschaft“. Ist aber beispielsweise Antizionismus wirklich eine Spielart der Judenfeindschaft? Wenn Joe Biden, derzeit amerikanischer Vizepräsident, sagt: „You don’t be a Jew to be a Zionist“ , dann drückt er pointiert aus, dass Zionismus eine politische Einstellung ist, die in gleicher Weise Juden und Nichtjuden vertreten können und Antizionismus erst einmal nichts mit Judenfeindschaft zu tun hat und somit auch keine „Spielart“ von Judenfeindschaft ist.

2. Im Weiteren wirft mir Funck vor, meiner Antisemitismus-Definition läge „die engst mögliche Begründung“ zugrunde. Er schreibt ausdrücklich nicht von einer „zu engen“, sondern von einer „engst möglichen“ Definition, also einer Definition, die eng ist, aber möglich. Wenn das ein Vorwurf werden soll, müsste Funck jetzt die Kriterien für seine offensichtlich „weitere“ Definition darlegen und vor allem aufzeigen, inwiefern diese meiner engeren Definition überlegen ist. Das tut er freilich nicht. Auch müsste er sagen, wenn er mehrere Möglichkeiten der Definition unterstellt, ob er die Möglichkeit mehrerer Definitionen des Antisemitismus als legitim betrachtet oder ob er in womöglich „essentialistischer“ Weise nur eine, nämlich seine Definitionsmöglichkeit akzeptiert. Sein Argumentationskonstrukt basiert also auf einem definitorischen Tohu Wabohu!

3. Im Weiteren der Vorwurf, mein Weltbild sei „rechtsextrem und antisemitisch“, den er nicht argumentativ entwickelt, sondern mit einem philosophischen deus ex machina in den Raum stellt: Ich würde „essentialistisch“ denken, indem ich „Gruppen Wesensmerkmale und unauflösliche Widersprüche“ unterstellte. Für Antiessentialisten gibt es nämlich keine Definitionen aufgrund von Wesensmerkmalen, weil es Letztere angeblich gar nicht gibt oder, wenn es sie gäbe, sie zumindest nicht zu erkennen wären. Deshalb sind z. B. für Karl Popper Definitionen nur bloße „Vereinbarungen“. Das gälte dann freilich auch für die Definition von „Antisemitismus“. Auch sie wäre antiessentialistisch gesehen nichts anderes als eine Vereinbarung von Gruppen, z.B. Wissenschaftlern etc. Welche Definition gilt, hinge nicht von irgendeinem inneren Wahrheitsgehalt, sondern ausschließlich vom gesellschaftlichen und politischen Einfluss der Gruppe ab, von der die jeweilige Definition stammt.

4. Funck baut sein antiessentialistisches Denken dann weiter aus: Ich würde die Meinung von „Hobby-Historikern“ gleichwertig den „Erkenntnissen einer gesamten Fachwissenschaft gegenüberstellen“. Es käme also tatsächlich darauf an, von wem eine Erkenntnis stammt, und nicht, ob sie inhaltlich überzeugt. Um eine Fachwissenschaft, die sich immer wieder auf ihre formale Autorität berufen muss, wenn sie inhaltlich nicht zu überzeugen weiß, ist es freilich nicht allzu gut bestellt. Wenn Funck dann auch noch schreibt, meine verschiedenen Einlassungen seien bereits „hundertfach“ widerlegt (von der „Fachwissenschaft“?), dann kann sich auch die ZEIT solche Diskussionen sparen. Denn offensichtlich, folgt man Herrn Funck, wird Wahrheit nicht durch dynamischen Diskurs immer wieder neu entwickelt und gefunden, sondern durch den Konsum fertiger, von Experten ausgedachter Ergebnisse.

5. Schließlich noch zum „Kronzeugen“: Ich würde „in Wochenschau-Manier“ (?) immer wieder auf jüdische Kronzeugen für meine Ansichten zurückgreifen, z. B. auf den amerikanisch-jüdischen Historiker Yuri Slezkine. Anstatt freilich aufzuzeigen, inwiefern Slezkine mit seinen Analysen falsch liegt und ich dessen jüdische Identität zur Durchsetzung falscher Ansichten missbrauche, ist für Funck schon die bloße Benennung eines jüdischen Kronzeugen ein unlauteres Vorgehen. Dabei ist dieser Yuri Slezkine nicht nur ein radikaler Wahrheitssucher, der auch vor Tabus der eigenen Community nicht zurückschreckt. Er, der Spezialist für osteuropäische Geschichte, ist selbst in Osteuropa aufgewachsen und kennt die Verhältnisse der Sowjetzeit auch aus eigenem Erleben. Nicht zuletzt ist sein Buch keine x-beliebige private Veröffentlichung, sondern eine des Simon Dubnow-Zentrums und damit eine quasi offiziöse Publikation der jüdischen Community in Deutschland. Das alles unterschlägt Funck großzügig, um seinen „Antisemitismus“-Vorwurf gegen mich noch einigermaßen glaubhaft an den Mann bringen zu können.

Wer weitere inhaltlich Argumente gegen die Funcksche Kritik sucht, sei auf meine Website verwiesen. Für mich ist der Funcksche Artikel eine feuilletonistische Meinungsäußerung, aber keine wissenschaftlich oder philosophisch fundierte Stellungnahme: Die Grundfrage, um die es geht, wird nicht berührt – die Frage, ob es nur die Alternative gibt zwischen rechtsextremem Revisionismus auf der einen und einer Holocaust-Zivilreligion auf der anderen Seite? Oder vielleicht doch eine Mitte dazwischen, die wir in Deutschland jetzt suchen und anstreben sollten? Das zumindest wäre meine Intention in der Diskussion dieses heißesten Themas deutscher Politik.

PS. In der Medizin, die mich mehr als mein halbes Leben beschäftigt hat, ist es üblich geworden, bei Veröffentlichungen anzugeben, ob man von irgendwelchen Firmen oder Gruppen Aufträge oder Bezüge erhalten hat. Ich empfehle dieses Vorgehen gerade auch den Vertretern von Antisemitismus-Lehrstühlen. Von welchen nichtstaatlichen Stellen wird beispielsweise der Lehrstuhl für Antisemitismus-Forschung in Berlin, auf dem meines Wissens Herr Funck tätig ist, finanziert? Das würde sicher manchen Leser interessieren.

Ein Kommentar

  1. Der sogenannte Antisemitius ist eine Floskel. Vergeblich sucht man in der Bibel nach dem Begriff. In Genesis 10,22-24 steht Folgendes:

    22 Die Söhne Sems sind Elam, Assur, Arpachschad, Lud und Aram. 23 Die Söhne Arams sind Uz, Hul, Geter und Masch. 24 Arpachschad zeugte Schelach, Schelach zeugte Eber.

    Nirgendwo steht es von Juden, die übrigens auf den Stamm Juda zurückgehen. Das aber ist eine Zeit um 600 v,Chr.

    Übrigens, Sie können meine Internetadresse veröffentlichen.

    Grüße

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