Ist die AfD noch zu retten? Eine Nachlese zum Braunschweiger Bundesparteitag

I. Meuthen, Weidel und Co. – Kollaboration statt Opposition!

Gehen wir rein ins Geschehen: Meuthen erklärt dem Parteitag gerade, warum es keine „Spendenaffäre“ gebe. Es habe ja gar keine Spenden gegeben. Spenden bedeuteten nämlich Geldzahlungen an Empfänger. Hier aber seien Plakataktionen bezahlt worden, und das seien nun mal keine Spenden?! Überhaupt könne man ihn für nichts verantwortlich machen, denn er hätte ja nur eine Unterschrift geleistet! Ihn nur wegen einer Unterschrift zu belasten – ausgerechnet ihn, der jahrelang unentgeltlich für die Partei gearbeitet hätte!

Ich kenne den Meuthen schon, da war er noch nicht in der Partei. Ende 2013 wurde er dann Mitglied. Er fiel nicht besonders auf, erzählte nur immer und überall, dass er wie Lucke Wirtschaftsprofessor (an einer Fachhochschule) sei und wie dieser fünf Kinder hätte. Dem damaligen Parteivorsitzenden wie auch dessen Stellvertreter Henkel huldigte er ergebenst. Dennoch profitierte er vom Sturz Luckes 2015 in Essen. Man brauchte einen Repräsentanten für den sog. wirtschaftspolitischen Flügel der Partei. Nachdem Starbatty abgesagt hatte, blieb nur der damals völlig unbekannte Meuthen für diesen Posten übrig. So stolperte er in den Bundesvorstand hinein und wurde neben Petry Bundessprecher der Partei. Von Juli 2015 bis März 2016 war er ehrenamtlich im Bundesvorstand, bekam also tatsächlich nur Spesenvergütungen. Doch schon ab April 2016 wurde er als Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Landtag mit circa 19.000 € monatlich zu versteuerndem Einkommen fürstlich entlohnt. Jetzt im Europaparlament ist das kaum weniger – So viel zur langen „unentgeltlichen“ Arbeit des Jörg Meuthen in der AfD.

Für die Strafzahlungen von mehreren 100.000 € – der Bundesschatzmeister hat dafür eine Rücklage von 1 Million € (!) gebildet – trage er keinerlei Verantwortung. Schon gar nicht sei er bereit – trotz seiner hohen politischen Einkünfte – sich in irgendeiner Weise an dem von ihm und Weidel verursachten Schaden zu beteiligen.

Stefan Räpple hatte zu diesem Thema einen Antrag gestellt, der von den Delegierten des Bundesparteitages aber mit großer Mehrheit nicht angenommen wurde. Schon da sah man, dass mit dieser Delegiertenversammlung irgendetwas nicht stimmte. Das wurde noch deutlicher, als Meuthen trotz seiner peinlichen und von jeglicher Selbstkritik unbeleckten Darstellung der Spendenaffäre mit 70 % zum Ersten Sprecher wiedergewählt wurde. Dabei hatte er auch politisch nicht viel vorzuweisen. Hat sich der Bundesvorstand unter seiner und Gaulands Führung doch im Wesentlichen durch eine Orgie von Parteiausschlussverfahren hervorgetan. Zudem hatte man eine Wahrheitskommission nach Orwellschem Modell eingerichtet, in der neben Meuthen noch Kuhs, Hess, Hartwig und Reusch sitzen. Diese sog. Arbeitsgruppe Verfassungsschutz legt fest, was in der Partei gesagt werden darf und was nicht. Sogar eine parteiinterne Stasi hat man installiert, indem man über diese „Arbeitsgruppe“ das Denunziantentum in der AfD systematisiert und institutionalisiert hat. Mit so etwas kann in Berlin keine andere Partei aufwarten!

Ein weiteres „Highlight“ in Meuthens und Gaulands Amtszeit war der im Bundestag erfolgte Aufruf an die Deutschen, sie sollten im Ernstfall für Israel kämpfen und sterben. So etwas hat sich nicht einmal die Merkel geleistet, und das will etwas heißen. Im Übrigen waren auch die AfD-Wahl Ergebnisse bei den Bundestags- und Europawahlen angesichts des vorhandenen Potenzials äußerst bescheiden.

Dennoch 70 %, und die Weidel bekam sogar, ohne Gegenkandidat, 75 %! Auch sie, die zweite Hauptverantwortliche für drohende Strafzahlungen, wollte – rotzfrech, wie sie nun mal ist – nichts von einem „Parteispendenskandal“ wissen. Stattdessen erklärte sie uns, wie „erfolgreich“ die Fraktion im Bundestag gewesen sei: Man habe hunderte von kleinen und großen Anfragen eingebracht, mehr als jede andere Partei! Was dabei herausgekommen ist – nämlich nichts – teilte sie nicht mit: Der Partei und ihrer Bundestagsfraktion ist es in keiner wesentlichen Frage gelungen, eine in die Gesellschaft hineinwirkende Debatte auszulösen: weder beim Thema Massenabschiebungen noch beim Thema Zwangsimpfungen noch bei irgendeinem anderen wichtigen Thema! Partei und Bundesfraktion haben nicht verstanden, dass man, will man heute politisch Erfolg haben, solche Themen auf die Straße hinausbringen muss. Wenn man nur parlamentarisch herumpalavert, bleibt das Ganze ein wirkungsloses Unterfangen, und das gilt für die gesamte Politik von Meuthen, Weidel und Co.

Den moralischen Tiefpunkt der Partei haben die versammelten Bundesdelegierten bei meiner Vorstellungsrede geliefert. Circa 150 von Ihnen verließen den Saal, etliche drehten mir den Rücken zu, andere wedelten mit irgendwelchen roten Karten herum. Es fehlte nur noch das Antifa-Transparent „Kein Recht auf Nazi-Propaganda“! Das Ganze erinnerte mich an eine meiner Wahlkreisveranstaltungen in Singen: Die Antifa hatte zusammen mit der SPD-Jugend Bücher von mir als „antisemitisch“ erklärt und einige davon auf einem öffentlichen Parkplatz verbrannt. Dann stürmte sie mit roten Karten und Spruchbändern in den Veranstaltungssaal – beachtenswerte Parallelen!

In einem Live-Phoenix-Interview nach meiner Rede gackerte dann irgend so ein AfD-Gänschen, für Gedeon und den Antisemitismus sei nun mal „kein Platz in der AfD“. Keine dieser traurigen Gestalten dürfte auch nur eine Seite meiner Bücher gelesen haben, und schon gar nicht eine von ihnen überlegt haben, wie heute der Antisemitismus-Vorwurf routinemäßig missbraucht wird, um system-kritische Politiker zu beseitigen. Diese dumme Meute lässt sich am Nasenring durch die Manege führen, und meine Gegner, vom Ex-Stasi-Spitzel Anetta Kahane bis zu Jörg Meuthen, können sich beruhigt zurücklehnen und triumphieren.

II. Über den „Krieg der Worte“, über Parlamentarismus und Montagsdemonstrationen

Wir haben verschiedene Dimensionen der politischen Auseinandersetzung: einen „Krieg der Worte“ an der politisch-ideologischen Front, dann den parlamentarischen Weg über Wahlen, schließlich die Aktionen der Straße. Die derzeitige AfD-Führungsriege setzt ausschließlich auf Parlamentarismus. Wir müssten, so sagt man, abwarten, bis wir die Mehrheit hätten und bis dahin uns gegebenenfalls in die Büsche schlagen. Wenn wir denn etwas sagen, müssen wir Kreide fressen. Wenn wir aber die 51 % im Parlament haben, kommen wir raus aus den Büschen, ergreifen die Macht und machen alles so, wie wir es uns vorstellen – die Methode Rumpelstilzchen: Ach wie gut, dass niemand weiß, wie alternativ wir wirklich sind!

Dieser Weg führt nicht zum Ziel. Warum? Zunächst einmal geben wir den vielen Feigen in unseren Reihen die Möglichkeit, aus ihrer Not eine taktische Tugend zu machen. Gesetzt den Fall, wir bekämen irgendwann tatsächlich die 51%, dann sind die meisten von denen, die dann aus den Büschen herauskommen, alles, nur nicht mehr alternativ. Dafür sorgt die institutionelle Korruption des Systems. Wir stehen am Anfang dieser Entwicklung, und dennoch haben wir schon jetzt jede Menge Totalausfälle durch Karrierismus. Diese Opportunisten hassen die Geradlinigen und Prinzipienfesten in der Partei, denn sie gefährden ihre schnelle Karriere. Mit allen Mitteln versuchen sie, sie auszuschalten, nicht zuletzt durch Parteiausschlussverfahren.

Selbst wenn die Mehrzahl unserer Mandatsträger die Überwinterung im System moralisch überstehen würde: Das System ist viel zu stark im westlichen Parlamentarismus verankert, um nicht wirkungsvoll einen Totalverlust seiner Macht verhindern zu können. Schauen wir nur nach Wien oder Rom, wo die EU-Regisseure mit einfachen putschistischen Inszenierungen schon im Ansatz die Träume der FPÖ und der Lega beendet haben. Natürlich lassen wir den Parlamentarismus nicht links liegen, natürlich nutzen wir seine propagandistischen und sonstigen Möglichkeiten, und natürlich können wir in Einzelfällen auch Erfolge erzielen. Aber eine Totalumkehr der Politik, wie wir sie heute brauchen, kriegen wir so nie hin. Hierfür muss der parlamentarische Kampf eingebettet sein in den noch wichtigeren Kampf an der ideologischen Front, und er muss von Massenaktionen auf den Straßen unterstützt und getragen werden.

Was bedeutet nun „ideologische Front“? Vom jüdischen Querdenker Noam Chomsky stammt der bemerkenswerte Satz: „Der smarte Weg, um Menschen passiv und gefügig zu halten, ist, das Spektrum der akzeptierten Meinung strikt zu limitieren, gleichzeitig aber eine lebhafte Diskussion darin zuzulassen“.

In diesem Sinne kann man auch die AfD als ein von den Herrschenden errichtetes Meinungsreservat betrachten, in dem heftige Diskussionen über Klimawahn, GEZ-Gebühren, Gender und sogar den Bevölkerungsaustausch zugelassen sind. Verlässt man aber das Reservat und greift außenliegende Themen wie Zionismus oder Geschichtsrevisionismus auf, muss man mit Parteiausschluss oder gar Strafverfolgung (§ 130) rechnen. Dennoch oder gerade deswegen ist es notwendig, jeden Quadratzentimeter Meinungsfreiheit zu verteidigen. Es geht um die Staatsräson bzw. Staatsideologie, die durch Rituale einer einseitigen Erinnerungskultur zu einer Zivilreligion hochstilisiert wird; es geht um Kampfbegriffe, um Narrative, um Deutungshoheit, kurzum: Es geht um die politische Wahrheit! In einem „Krieg der Worte“ müssen wir um diese Wahrheit kämpfen. Denn der reale Krieg, so der chinesische Militärstratege Sunzi vor 2500 Jahren, werde vor seinem Ausbruch in den Tempeln der Wahrheit entschieden! Wer hier gewinnt, dem fällt der politische und militärische Erfolg wie eine reife Frucht in den Schoß. Für uns heißt das: Nur wer das Meinungsreservat der Herrschenden zerschlägt, kann eine neue Politik gestalten.

Während im Kampf der Worte die Wahrheit im Mittelpunkt steht, geht es auf der Straße um die Demonstration von Macht: Gelingt es, die eigenen Ideen ins Volk hineinzutragen? Das DDR-System ist vor allem durch die machtvollen Montagsdemonstrationen in die Knie gezwungen worden. Ohne diese gäbe es die DDR vermutlich heute noch. Wir können Massenbewegungen nicht aus dem Boden stampfen. Wir können und müssen sie aber aufgreifen, wenn sie da sind – und das schon in ihren Ansätzen! Suchen wir also gezielt den Kontakt zu Gelbwesten, Pegida etc.! Wer sich hier vor allem abgrenzt und glaubt, sich „vornehm“ zurückhalten zu müssen, wird politisch keinen Blumentopf erben. Wir brauchen nicht nur den Mut zur Wahrheit, wir brauchen auch den Mut zur Straße!

Die Linken haben das verstanden. Ihr Kampf „gegen rechts“ ist eine totalitäre linksfaschistische Kampagne, mit der sie aggressiv den Krieg der Worte führen und ihre politischen Gegner als „Rassisten“ und „Antisemiten“ moralisch zu vernichten suchen. Auf der Straße fühlen sie sich, im Gegensatz zu den Rechten, ohnehin zu Hause, allen voran ihre politkriminellen Autonomen der „Antifa“. Deren Terroraktionen werden vom Staat und seinen Medien wohlwollend toleriert, wenn nicht gar gutgeheißen.

Anstatt sich all dem zu widersetzen, tragen Meuthen und Co. den Kampf der Linken „gegen rechts“ in die AfD hinein; anstatt mit neuen Begriffen den Rot-Grünen die Deutungshoheit zu entreißen, übernehmen sie deren Vokabular und gehen daran, damit die die eigenen Leute abzuschießen und dem System zu opfern; und anstatt sich im Kampf gegen links und die demagogische Instrumentalisierung der Sprache durch die Relotius-Medien zu profilieren, outet sich Meuthen neuerdings als bekennender Kämpfer gegen „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“! Warum geht der Mann eigentlich nicht zu den Grünen? Bei dieser AfD besteht nicht die Gefahr, dass sie eine neue braune Partei wird, wohl aber hat sie das Zeug dazu, eine neue System-Partei zu  werden.

III. Björn Höcke und der „Flügel“ – eine innerparteiliche  Opposition?

 Was sollen wir tun? Zuschauen, wie Meuthen und Co. die AfD zu einer bloßen  Protest-Kanalisierungspartei machen? Oder gar zu einer Speerspitze der Systeminquisition? Wie sieht es mit der innerparteilichen Opposition aus?

Damit sind wir bei Björn Höcke und seinem Flügel, dem traurigsten Kapitel des Braunschweiger Parteitages! Im Flügel selbst redet man sich die Situation schön: Es sei gelungen, Pazderski, Junge und Gottschalk zu verhindern. Jetzt sitzt also statt Pazderski die von Storch und statt Gottschalk der Anstreicher aus Sachsen im Vorstand. Das als Erfolg zu feiern, ist ein politischer Witz. Wahr ist: Die in Braunschweig gewählte Parteispitze ist in toto ein Debakel für die Partei, das der Flügel entscheidend mitzuverantworten hat!

Vor ein paar Monaten kündigte Höcke noch vollmundig an, er würde auf dem Parteitag für einen neuen Bundesvorstand sorgen. Aber wo war er in Braunschweig? Man hörte nichts von ihm. Er saß nur herum, mimte den Elder Statesman und schaute bedeutungsvoll in die Luft. Nicht einmal, als die parteiinterne Antifa sich aufführte wie Sau, bekam er den Mund auf, und schon gar nicht kandidierte er für irgendetwas. Er wolle sich, so ließ er verlauten, nicht beschädigen!

Politik ist Kampf. Wer nicht kämpft, hat schon verloren, und der geniale chinesische Polit-Stratege Mao tse-tung spitzt diese Wahrheit zu: „Der Sieg ist eine Reihe von Niederlagen“. Das hat Björn Höcke nicht verstanden. Konfliktscheu, vor allem in der innerparteilichen Auseinandersetzung, glaubt er durch mitunter abstruse Wahlabsprachen in Hinterzimmern die Partei zum Erfolg führen zu können. Auch nach außen schwurbelt er herum, mit viel Pathos, aber wenig Konkretem, z. B. im Hinblick auf NATO- und EU-Austritt; und die heißen Themen, Israel, Antisemitismus etc. meidet er gänzlich. Wenn er dann mal aus der Deckung geht und konkret wird, zum Beispiel mit seinem Statement, wir bräuchten eine erinnerungspolitische Wende um 180°, widerruft er das eine Woche später mit dem Ausdruck des Bedauerns. Er sei in Bierlaune gewesen – ach Gott, Björn!

Warum habe ich gegen Meuthen kandidiert? Weil Höcke wieder einmal gekniffen hat! Es wäre sein Job gewesen. Wäre er angetreten, hätte ich nicht kandidiert. Angesichts der Trostlosigkeit dieser Delegierten-Versammlung musste der Partei und der Öffentlichkeit aber gezeigt werden: Es gibt noch eine andere AfD als diese Meuthen-AfD – eine AfD in der AfD, die sich ein Restpotential für eine notwendige Erneuerung bewahrt hat. Das Feuer ist erloschen, aber eine Glut ist noch da. Nicole Höchst, nett und anständig, aber wenig profiliert, repräsentierte sicher nicht dieses Potential, und was die konkrete Situation anlangte, so hatte sie nicht mehr Chancen als ich, gegen Meuthen die Wahl zu gewinnen. Der Flügel hatte etwa ein Viertel der Versammlung hinter sich. Er musste sich entscheiden, ob er mich wählt und damit ein starkes Zeichen für eine konfrontative Opposition setzt, sozusagen eine Kriegserklärung an das System! Oder ob er sich wieder einmal für nicht Fisch und nicht Fleisch entscheidet und seinem Frontmann Höcke folgt. Dieser hatte noch kurz vor dem Parteitag ausdrücklich gefordert, nicht „Egomane“ zu wählen. Damit meinte er vor allem mich.

Wie die Entscheidung ausfiel, ist bekannt. Höcke hat damit in Braunschweig unübersehbar deutlich gemacht, dass er keine Opposition zu Meuthen ist und auch gar keine sein will. Unter der Regie von Gauland arbeitet er mit Meuthen seit 2015 eng und bestens zusammen. Meuthens politisches Leitprinzip ist mir seit der Stuttgarter Landtagskrise gut bekannt. Unter vier Augen erläuterte er es mir: „Es kommt nicht darauf an, ob es Antisemitismus ist, sondern ob es wie Antisemitismus aussieht“ – ein Plädoyer nicht für die Wahrheit, sondern für den Anschein. Damit fügt er sich nahtlos in den deutschen Politikbetrieb ein. Übertragen bedeutet das zum Beispiel: Es kommt nicht darauf an, dass es Opposition ist, es muss nur so aussehen. Gemäß dieser Devise agiert Jörg Meuthen, und Höcke macht dieses Spiel offensichtlich mit.

Meuthen und Höcke sind ein Tandem. Gemeinsam fahren sie die AfD an die Wand. Ohne Höcke wäre Meuthen längst weg vom Fenster. Wer Meuthens Wischi-Waschi-Opposition nicht will, muss sich deshalb auch von Höcke verabschieden. Der Flügel ist in der AfD nicht die Lösung, sondern das Problem. Mit diffuser Scheinradikalität verhindert Höcke, dass die großen Streitfragen in der AfD thematisiert werden. Ganz im Sinne Chomskys stabilisiert er damit das vorgegebene Meinungsreservat. So stört es ihn nicht, wenn man Leute wie mich, die dieses Meinungsreservat aufzubrechen versuchen, aus der Partei ausschließen will. Der Flügel-Mann Kalbitz hat im Bundesvorstand sogar offen dafür gestimmt.

Schließlich ist auch die Befehlsempfänger-Struktur des Höcke-Flügels mehr als hinderlich, genauso wie dessen Hinterzimmer-Diplomatie. Ein jährliches Treffen mit großer Phraseologie mag schön und gut sein, eine konsequente Oppositionspolitik ersetzt es aber nicht. Ohne eine solche ist es ein Ablenkungsmanöver. Meiner Ansicht nach wäre es für alle Beteiligten das Beste, wenn sich der Flügel auflösen und einer neuen, wirklich alternativen Opposition (AO) Platz machen würde.

Als programmatische Diskussionsgrundlage einer solchen AO schlage ich das Zwölf-Thesen-Papier vor, das ich zum Parteitag eingereicht habe. Man sollte in kleineren regionalen Treffen und Stammtischen vor Ort darüber diskutieren, dann ein paar überregionale Veranstaltungen durchführen und so den geplanten Mitglieder-Parteitag vorbereiten. Dann werden wir sehen, ob die AfD noch zu retten ist.

Epilog: Moderne Hexenjäger und Antisemitismus-Wahn

Hexenjäger wechseln je nach politischer Opportunität ihre Farbe. Es gab und gibt sie zu allen Zeiten. Mal kommen sie braun, mal rot, mal grün daher. In der  AfD sind sie natürlich blau. Sie informieren sich nur sehr oberflächlich, plappern im Wesentlichen nach, was andere ihnen vorgeben. Rationalität ersetzen sie durch Emotion, und die Dürftigkeit ihrer Argumente versuchen sie durch Fanatismus zu kompensieren. Je verkommener eine Gesellschaft, desto größer der politische Einfluss von Hexenjägern; desto mehr prägen sie den Charakter einer Gesellschaft. Der Braunschweiger Parteitag hat uns gezeigt, dass sie inzwischen in der AfD angekommen sind.

Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft ist ein Phantom. Er ist kaum vorhanden und vor allem eine mediale Konstruktion. Ich habe sog. Antisemitismusbeauftragte und andere Politiker zu öffentlichen Podiumsdiskussionen darüber aufgerufen, aber sie kneifen. Hexenjäger fürchten öffentliche Diskussionen wie der Teufel das Weihwasser. Ihre Stärke ist Hetze, Agitation und nicht zuletzt die Initiierung von Gerichtsverfahren.

Meuthen  hat sich – insbesondere auf Kosten meiner Person – zum antisemitischen Phantomjäger der AfD instrumentalisieren lassen. Höcke ist dabei sein wichtigster Unterstützer in der AfD. Jetzt soll ein willfähriges Bundesschiedsgericht nach zwei erfolglosen Versuchen als dritte Instanz endlich meinen Parteiausschluss beschließen. So glaubt man, das Problem „Antisemitismus“ in der AfD lösen zu können – eine Milchmädchenrechnung, denn das, was hier „Antisemitismus“ genannt wird, ist nicht irgendein Problem und schon gar nicht ein persönliches von mir, sondern der entscheidende Schlüssel zum Verständnis der westlichen Gesellschaft. Will man diese und ihre immer schrecklicheren Auswirkungen (Migrationsdesaster, Nahost-Krieg usw.) überwinden, muss man erst einmal deren ideologische Grundlagen erschüttern. Wer dies boykottiert, betreibt das Geschäft der Gegenseite. Er macht sich mitschuldig an der geistigen, politischen und schließlich ethnokulturellen Auslöschung unseres Volkes. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand!

PS: Das PAV gegen mich geht in die letzte Runde. Wegen der Bedeutung dieses Verfahrens für die gesamte oppositionelle Bewegung in Deutschland werde ich die entscheidenden Eingaben an die Bundesschiedsrichter ins Netz stellen. Die Öffentlichkeit soll nachvollziehen können, in welch zum Teil grotesker Weise hier der Meinungsbildungsprozess in der Partei deformiert wird.

Zu den Hintergründen zu diesem Artikel verweise ich auf mein Buch, „Ich, die AfD und der Antisemitismus: Populismus oder Mut zur Wahrheit„.

Dr. Wolfgang Gedeon, Januar 2020

4 Kommentare

  1. /// Wir brauchen nicht nur den Mut zur Wahrheit, wir brauchen auch den Mut zur Straße! ///

    Wie doch recht Sie haben Herr Gedeon !
    Und da wird Ihnen mit Sicherheit jeder Teilnehmer an der vorgestrigen Protest-Demo in Baden-Baden (gegen GEZ-Gebühren) zustimmen. Viel mehr Leute hatte ich da erwartet, deutlich mehr, als gekommen sind. Kein gutes Ohmen ist dies für die AfD. Und mit dem Höcke haben Sie vollkommen recht – ich bin enttäuscht von ihm.
    Ein Gutes Neue Jahr wünsche ich Ihnen und weiteren Mut zur Wahrheit.

    Viktor Laub

  2. Sehr geehrter Herr Gedeon,
    Ich bin sehr beeindruckt, wie präzise Sie die Situation der AfD erfasst haben und hier beschreiben.
    Und entgegen aller Vorbehalte, die ich sonst gegen Ihre Äußerungen hatte, muss ich Ihnen Recht geben.
    Leider spitzen Sie die Diskussion, fortgesetzt, auf die Anti-/ Semitismusfrage zu.
    Das ist mitnichten das Deutsche Kernproblem! Die gesamte Deutsche Identität an ihrem geschichtlichen Antipoden aufzuhängen, diesen auch noch in die Gegenwart hineinzutragen- das ist viel zu kurz gesprungen.
    Denn es darf nicht nur NICHT nach Antisemitismus aussehen, im gegenwärtigen Kontext haben wir zu dieser Problematik schlicht Redeverbot. Es wird Voltaire nur zugeschrieben, aber es gilt der Satz:
    „wenn du wissen willst, wir dich beherrscht, frage dich, wen du nicht kritisieren darfst.“ Mit diesem Zitat haben, hätten Sie auf allen anderen Gebieten Redefreiheit. Nämlich:
    Gauland hatte die Problematik der Deutschen Identität zur Schlüsselfrage erklärt- SIE HÄTTEN das Zeug, diese Fragen aufzufächern und uns, der AfD und den Deutschen ein breiteres Spektrum an Potentialen und Antworten aufzuzeigen.
    Vertane Chance?
    Beste Grüße
    Thomas Fügner

  3. Ja es weden durch Sie Themen und zu kritisierende Punkte angesprochen, welche sonst in unserer Pasrtei nicht zur Sprache kommen, aber sich in einem indirekten Ausfluss der derzeitigen Führungsquerelen äußern.
    Auch die mit Ihnen geführten Diskussionen zu Ihren Ansichten durch und mit H. Meuthen war und ist den Meisten in unserer Partei wohl verborgen, da als Gutmenschen und Mut zur Wahrheit- Trägern diese sich selbst idealisierten.
    Dass die Straße für öffentlichkeitsdwirksame Demonstrationen besonders von Funktionsträgern nicht genutzt wird, bekam ich anlässlich unseres bescheidenen 6 bis 7 Personen Widerstands gegen die Schließung des KKP2 am So., dem 29.12.19 zu spüren, ohne AfD Funktionsträger.
    Kurzum, wir beschäftigen uns m.E. zu sehr mit uns selber, anstatt wir die Bevölkerung über die tatsächlichen Lügen, Halb- und Unwahrheiten der karriere- machtgierigen und machtnungrigen Politik- Ideologen, seis über das Wetter, das Klima, das CO2 mit der beabsichtigten Besteuerung für alle Lebensbereiche und schlusssendlich über die der Subvention wegen an die Wand fahrenden Energiewende aufklären, die für alles und jegliches Produkt nun viel zu teueren Elektrischen Energie die Industrie zwangsläufig in konkurrenzfähigere Länder abwandert und unsere Industrie ausblutet oder geschächtet wird.

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